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Sonntag, 25. April 2004

Qualen am Sonntag: Ein Leidensbericht in drei Teilen

Kapitel I: Der Frühstücksfluch
"Immer wieder Samstags", wenn ich mein Frühstück zubereitet (Brötchen mit Butter & Marmelade zu Tee mit Milch) und mich eben vor meinen Fernseher niedergelassen & GEMÜTLICH hingesetzt sowie die DVD meiner Wahl eingelegt habe, klingelt in 8 von 10 Fällen mein Telefon.
Es klingelt nicht vorher, es klingelt nicht hinterher, nein, es klingelt grundsätzlich, wenn der Tee eingeschenkt ist und der erste oder zweite Happen just abgebissen wurde bzw. sich zwischen Gaumen und Zähnen befindet. Dazu liegt in 9 von 10 Fällen der Hörer denn leider nicht neben der Fernbedienung, sondern in irgendeinem anderen Zimmer. Gnagnagna!
Da muss ich dringend noch dran arbeiten. Frühstück nur mit Fon, Ferstanden?
Am Samstag mittag wurde ich also für Sonntag mittag zum Geburtstag eingeladen. Regestriert, zugesagt, aufgelegt, hingesetzt, weitergemampft.
Sonntag morgen: aufwachen, frühstücken (siehe Samstag) und endlich die Erkenntnis: zum Geburtstagsbesuch fehlt mir ja irgendwie noch ein Geburtstagsgeschenk. Oh dear. Oh my. Oh weia. Oh, ist das schon spät!

Kapitel II: Algebra in Höllenhitze
Was tun, sprach Cleus. Aber da ist ja noch der Hauptbahnhof, der mit Tee- und Schoko(-)Laden nahzu ganztägig eine Rettung in höchster Not anbietet.
Im Teeladen angekommen ist es dort schon mal unerträglich warm.
"Vermutlich werden die Teeblätter erst im Teeladen getrocknet, aromageschützt durch Papierverpackungen" sagte ich zu mir selbst. Bizarr, auf was für Gedanken ein Claus durch Affenhitze und Zeitnot so kommen kann...
Die Verkäuferin hatte eben die letzte Kundin vor mir verabschiedet und drehte sich in meine Richtung: "Und wie kann ich Ihnen helfen?".
Ich holte tief Luft. Schließlich wollte ich meinem Wunsch angemessen und deutlich Gehör verschaffen. Doch während ich noch einatme und ein dem Bestellvorgang angemessenes & würdevolles Gesicht aufsetze, läuft die Dame des Hauses auch schon an mir vorbei, dienstbeflissen der Asiatin entgegen, die vermutlich kurz nach mir des Geschäft betreten hatte:
Claus + Asiatin + Verkäuferin = Claus Luft².
Gut, dass ich ein friedlicher Mensch bin. Gut, dass die Verkäuferin kein Wort von dem verstand, was die zierliche Dame aus Fernost ihr zu sagen versuchte. Somit:
Claus + Asiatin, die Kauderwelsch redet + Verkäuferin = Claus (Kunde + König).
Das "haben Sie verstanden, was die Dame haben möchte?" der Verkäuferin beantwortete ich säuerlich lächelnd aber liebensgewürzig mit "nein, habe ich nicht".
Mein still vor sich hin köchelndes Gehirn hatte mir nämlich eben die höhere Logik der folgenden Gleichung präsentiert:
Claus + Asiatin, die gedolmetscht wird + Verkäuferin = Wurzel aus Claus (verpätet³), gerissen vom verärgerten Gastgeber.

Kapitel III: Die Geißel des öffentlichen Nahverkehrs: Taxifahrer
Mit dem ergatterten Geschenk unter dem Arm (Tee und Tee und VanilleZucker-Kandis im schönen Karton mit Schleife) konnte mich jetzt allerdings nur noch ein Taxi halbwegs pünktlich zum Jubilar bringen.
Den Bahnhof verlassend stieg ich böses ahnend in die erste freie Mietdroschke. Abgesehen davon, dass das Taxi nicht besonders aufgeräumt war (ein alter Quittungsblock purzelte mir bereits beim Einsteigen entgegen) wurde es auch mal wieder von der einen Sorte Mensch gesteuert, die ich besonders liebe: Dem Schwein. Oder besser: der männlichen Wildsau.
Dieses Exemplar musste während der Fahrt irgendwann einmal geringfügig bremsen, da das Fahrzeug vor uns (Frau am Steuer) unvermutet das Tempo gedrosselt hatte, was Taxifahrer grunzend mit "die Alte vor uns ist gestern Nacht nicht drangekommen" kommentierte. Augenrollend versuchte ich den nun startenden Monolog mit einem "jaja, die Sonntagsfahrer" abzukürzen, doch es war hoffnungslos. Der Fahrer stellte den grossen galaktischen Zusammenhang zwischen dem Sexualleben von Frauen und ihren anschliessenden Fahrkünsten am Sonntag mittag auf, gewürzt mit Einwürfen a la "musst du mal probieren, wenn die drangekommen sind, fahren die besser, wirst sehen (fügen Sie bitte an dieser Stelle ein wirklich SCHMUTZIGES Lachen Ihrer Wahl ein)". Nachdem ich schließlich und endlich mit einem gewürgtem "wollen wirs mal glauben" die unausgesprochene Forderung nach einer wie auch immer gearteten Zustimmung von mir gegeben hatte, verstummte die schmuddelige Quasselstrippe endlich und brachte mich und die über meinem Haupte schwebende schwarze Wolke rechtzeitig (immerhin etwas) zur gewünschten Adresse.

Epilog:
Der Geburtstag war schön, es gab lecker Essen und ein angenehmes Wiedersehen mit vielen lieben Menschen.
Geht doch, Sonntag.

Ein Reisebericht | 20:06h | 0 Kommentare |comment