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Dienstag, 24. Februar 2004

Ein Drama in 4 Szenen

1. Szene:
Germania?

Eine lange Anfahrt über ein pompös ausgebautes Gelände, bis zur letzten Ecke gepflastert.
Ein riesiger Anleger am Fluss, der offensichtlich nie für seinen ursprünglichen Zweck genutzt werden soll. Wenige Bäume schlagen ihre Wurzeln unter einer Schicht aus blauen Scherben.
Alles Augenwischerei.
Ein endloser Gebäudekomplex mit gigantisch überdimensionierten Ausmaßen.
Wachpersonal patroulliert grimmigen Blickes die endlosen, hohen Flure entlang, verstärkt durch die immerwachen Linsen vieler versteckter Kameras.
Schweigsam huschen einige Personen an den Wächtern vorbei, den endlosen Gängen eilig entfliehend.
Allgegenwärtige Propaganda-Shows, von mächtigen Projektoren an Schirme und Wände gestrahlt.
Doch kläglich ihrer Wirkung beraubt, denn kein Ton erschallt. Als wenn die Wände alle Laute aufsaugten, um ihre blauen und roten Neonelemente durch die so gewonnene Energie säugen zu können.
Eine Rakete starrt grimmig in den nächtlichen Sternenhimmel, dem sie niemals näher kommen wird als jetzt, da die Wolkendecke kurzzeitig aufgerissen ist.

2. Szene:
Gitter, Hunger und keine Fluchtmöglichkeit. Der Schatten kommt!

Vom Hunger getrieben durchsuchte sie die Reste, die die Hochwohlgeborenen, oftmals über allem schwebend, uninteressiert zu Boden warfen.
Plötzlich schwere Schritte, Scheinwerfer erstrahlen, sie steht im gleissenden Licht. Ein Gedanke: Gefahr. Was nützt ein gefüllter Magen, wenn es keine Zeit des wohligen Verdauens mehr geben sollte!
Panische Flucht: doch links der Metallzaun, rechts und hinter ihr nur unüberwindbare Steinmauern.
Von vorne nähert sich der Schatten. Schon ist er da. Alles flüchten zu spät. Sein Blick lässt sie erstarren. Unfähig, den Muskeln nur einen weiteren sinnvollen Befehl zu erteilen, ergiebt sie sich in ihr Schicksal und erwartet, was da kommen mag.
Metallisches Klicken. Ein Krachen. Stille.

3. Szene:
Sabotage!

Es würde Krieg geben, soviel war klar. Aber diesesmal würde er vorbereitet sein.
12 Ladungen sollten ihn vor den unangenehmen Überaschungen bewahren. Erfolgreiche Logistik ist doch das A und O, und der Händler würde heute ebenfalls gut an solchen reinen Sicherheitsmaßnahmen verdienen. Und überhaupt, wenn das Sterben erst begonnen hat, sollte man besser nicht ohne Nachschub dastehen.
Während er noch grinsend den Gang verließ, riss ihn plötzlich ein Krachen aus seinen Gedanken.
Splitter flogen in alle Richtungen, doch wie durch ein Wunder blieb er unversehrt.
Der Tragegriff war angesägt oder andersweitig manipuliert worden und hatte dem Gewicht der 6 Behälter letztendlich nachgeben müssen. Eine unverzüglich eingeleitete Inspektionen der Lagerbestände ließ ihn erahnen, dass es kein Einzelfall war. Der Händler blieb kulant, nur ein Lächeln wollte ihm nicht mehr gelingen.

4. Szene:
Epilog

Eine kleine, niedliche Maus hüpft die Treppen abwärts. Immer ein Sprung pro Stufe. Unglaublich, was so ein Nager alles kann. Ich dachte: "Vemutlich spart es sich die parallel zu den Treppen verlaufende Fahrradschiene für den Aufstieg. Runter kommt man halt immer." Unter dem Behälter mit dem Vogelfutter sucht Mäuschen nach den Körnern, die die Meisen auf ihrer Suche nach Sonnenblumenkernen aus dem Futterfach geschnippt hatten.
Schnell stellt sich heraus, das Kollege Maus heute keinen grossen Geschmack an Körnerfutter finden kann. Kurz geschnuppert hier, etwas rumgewühlt dort, und zurück in Richtung Treppe gerannt.
Ich mache mir grade Sorgen, ob der Fusselknilch auf der Metallschiene wohl ausrutschen könnte, da hüpft dieser winzige Superathlet einfach alle Stufen wieder aufwärt. Ein Sprung pro Stufe.
Völlig begeistert packe ich die zwei Sechserträger Becks Bier aus, immer noch dankbar, dass der kleine Unfall heute im Spar nicht meine Füssen & Beine mit Bier vollgespritzt hat. Der Filmabend mit Bruderherz ("Southern Comfort") somit nicht völlig verdorben. Aber welcher Spaßvogel da wohl die Tragegriffe angeschnitten hatte. Anti-Alkoholiker?
Kopfschüttelnd male ich mir weitere Geschichten zu diesem Thema aus, doch die Maus, die hüpfte, erobert immer wieder ihrern Platz in meiner Aufmerksamkeit zurück.
Ob sie sich diese Art der Fortbewegung wohl gestern Nacht ersonnen hat? Als ich nach Kinobesuch und anschließendem Besichtigungs-Spaziergang im und ums Space-Center Bremen vor meiner Haustür ankam, rannte sie erst hin und her und hockte dann starr vor mir. Zuckersüß. Habe dann schnell die Tür aufgeschlossen, bin in den Flur getreten und habe ihr anschließend durch das wuchtige Schließen der schweren Eingangstür wohl einen weiteren Schrecken eingejagt. Scheint sie wieder aufgescheucht zu haben, denn durch das Fenster spähend war sie nicht mehr zu erblicken.
Aber da ich mit Maus total übereinstimme, dass Passivität kein Lösungsansatz mit Zukunft ist,
werde ich morgen früh mal meinen Chef verbal anspringen.
Zu irgendetwas muss diese Begegnung doch gut gewesen sein, oder?
;o)

Memo: Mehr Vogelfutter auf den Boden streuen.

Beobachtungen | 00:53h | 6 Kommentare |comment